Di 23. Okt 2007, 12:34
Ocura's Buch:
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Ocura lies ihren Blick über das Wasser der Booty Bay schweifen. Die grelle Sonne des noch frühen Mittags spiegelte sich auf der seichten See wieder, glitzernde Schaumkronen tollten sich auf dem Rücken der kleinen Wellen die stetig auf den Strand zuliefen.
Trotz der Stille die um sie herum herrschte kam Ocura nicht zur Ruhe, sie war aufgewühlt und irgendetwas in ihr schien nach Veränderung zu schreien. Noch war sie sich nicht sicher was genau es war was sie so unruhig machte...doch sie war gewillt sich auch dieser Aufgabe zu stellen, genau so wie sie sich immer jeder Aufgabe gestellt hat und stellen wird.
Alles fing wohl damit an dass ihre Wege sich immer und immer wieder mit denen des Grol’Dom Clans kreuzten. und immer ging sie aus solch einer Begegnung nachdenklich und etwas reifer und reicher an Erfahrung heraus. Die Begegnung mit Xorak allerdings veränderte Vieles. Fragen waren beantwortet und neue stellten sich. Sollte das Schicksal seine Finger im Spiel haben? Das galt es herauszufinden.
Gedankenversunken holte sie mit ihrer Angel aus, beobachtete wie der Köder mit einer kleinen Aufwirbelung im Wasser versank und just in diesem Moment wurde ihr bewusst was sie wollte, was sie suchte, es herrschte völlige Klarheit in ihrem Kopf. Sie wollte nicht mehr länger ziellos durchs Leben gehen, sie wollte nicht mehr länger bei Schlachten nur am Randgeschehen teilhaben, sie wollte nicht mehr länger NUR eine Schurkin sein.. Nein sie wollte ihren Tatendrang und ihre Taten für den Clan einsetzen um ihm und um mit ihm Ehre und Stolz in nie zuvor gekannten Dimensionen einbringen und erreichen. Glorreiche Schlachten wollte sie schlagen, glorreiche Siege für die Horde einholen.
Bei diesen Gedanken huschte ein Lächeln über ihre Lippen und sie holte flink ihre Angel ein, nahm den Köder vom Haken und warf ihn den Fischen im Wasser zu.
Schnellen Schrittes machte sie sich auf den Weg zur Bank um ihre Angel zu verstauen.
Der Bankier schaute zwar etwas verwirrt als sie nach fünfzehn Minuten bereits mit ihrer Angel zurückkehrte doch machte dieser Gesichtsausdruck bald einem Grinsen Platz als Ocura ihm mitteilte dass er die beiden Fische, welche sie gefangen hatte, behalten könne.
Was sollte sie sich auch mit zwei neunzehn pfundigen Fischen belasten, den Weg der vor ihr lag galt es ohne Ballast zu beschreiten.
Ocura benutzte ihren magischen Ruhestein und fand sich Sekunden später in Orgrimmar wieder.
Dort buchte sie einen Flug zum Brachland, überprüfte noch einmal den korrekten Sitz ihrer Dolche und nickte zufrieden dem Flugmeister zu. Schnell erkannte sie dass man ihr ein sehr junges Tier zugeteilt hatte, seine kräftigen Schwingen brachten sie schnell voran.
Ocura genoss den kalten Flugwind in ihrem Gesicht, es fühlte sich fast an als ob all ihre Sorgen von ihr weggetragen würden.
Als sie über einige Baumwipfel hinwegpreschten sah Ocura in der Ferne Gestalten.. erst bei genauerem Hinschauen erkannte sie unter ihnen einen Elf und einen Menschen. Aus vollen Lungen schrie sie „Für die Horde!“ zu ihnen herab, doch just in diesem Moment legte sich ihr Flugtier in einen schnellen Steilflug und die Worte wurden ihr aus dem Mund gerissen.
„Ein ander’ Mal werdet ihr meine Stimme schon hören, und ich verspreche euch.. es wird das Letzte sein was je Euer Ohr erreicht“ dachte sie sich schmunzelnd.
In der Ferne konnte sie schon die Konturen Crossroads ausmachen, mit seinen stattlichen Außenmauern aus Baumstämmen so breit dass drei Mann sie nicht umarmen könnten, mit seinen Türmen hoch genug um den Feind schon zu erkennen wenn er noch einen ganzen Tagesmarsch entfernt ist. Ihr Herz sang in Erinnerungen an all die großen Schlachten die sie hier geschlagen hatte.
Sanft setzte ihr Flugtier auf und riss sie aus ihren Gedanken. Tief atmete sie durch und überlegte ihre nächsten Schritte genau. Was würde sie erwarten, was würde man von ihr erwarten. Sie wusste wem sie gegenüberstehen würde, doch war sie sich nicht sicher ob sie sich als würdig genug erweisen würde.
Zweifel überkamen sie.
„Ich habe außer meinen Taten nichts vorzuweisen, weder Haus noch Hof.. noch Namen. Ein Findelkind, aufgewachsen im Waisenhaus. Was hätte ich dem Clan schon zu bieten?“ Ocura dachte lange darüber nach, doch ihr Stolz und ihre Gier nach Größerem war stärker als ihre Angst.
Sie rannte schnellen Schrittes hinaus aus den Toren, erklomm mit einem Satz einen Felsen und suchte die Umgebung ab, ihr Blick schweifte von Westen nach Osten bis sie innehielt und mit zusammen gekniffenen Augen etwas erspähte.
Angesichts dessen was sie vorhatte verzichtet sie darauf ihre Dolche in Gift zu tränken und schlich sich auf leisen Sohlen an den Raptor heran den sie erspäht hatte.
Ein gezielter Schlag und er stand betäubt vor ihr, sie ließ diese Betäubung noch einen Augenblick wirken damit das Adrenalin sich besser in seinem Körper ausbreiten konnte, je mehr Adrenalin sich im Blut des Opfers befand um so besser die Qualität des Fleisches und des Leders, das hatte man ihr schon früh beigebracht.. sie hielt sich generell an diesen Ratschlag – obgleich sie es bei Menschen, Elfen, Zwergen und Gnomen aus anderen Gründen tat.
Gekonnt richtete sie das Tier mit zwei schnellen Dolchstößen dahin.
Prüfend schaute sie sich um, packte dann den Raptor am Schwanz und zog ihn hinter sich her, zurück nach Crossroads und an die große Lohe im Gasthaus.
Ächzend wuchtete sie das tote Tier auf einen Tisch und begutachtete es eingehend.
Nickend setzte sie ihre scharfe Klinge an die ausgesuchte Stelle und trennte ein großes Stück Leder mitsamt des Fettes heraus.
„Das sollte reichen“ murmelte sie vor sich hin.
Sie begab sich ins Gasthaus und sah sich um. Ihre Habseligkeiten verstaute sie auf einer der Hängematten und zog dann ihre Rüstung aus.
Mit einem feuchten Ledertuch säuberte sie diese von allen Staub und Blutspuren und hängte dann jedes Teil über einen Holzstuhl.
Sie ritzte mit ihrem Dolch das frische Fettstück des Raptors ein und fing an jedes Rüstungsteil einzufetten. Das Fett brachte die Maserung der Leders hervor, und jeder Schnitt und Kratzer aus vergangen Kämpfen und Schlachten erhielt somit seine eigene Färbung und Identität. Voller Stolz betrachtete sie ihre Rüstung und schaute dann zum letzten Teil.
Ihre Brustrüstung behielt sie sich bis zum Ende vor, dort genau am Herzen klaffte ein größeres Loch im dicken Leder.
Ocuras Gedanken schweiften ab, es war ein Zwerg, ein Jäger um genau zu sein. Lange hatte sie ihn verfolgt, lange hatte sie ihn beobachtet, ihn studiert und sich seine Kampfweise eingeprägt. Sie liebte es zu jagen, sie liebte es ihre Opfer an ihren wundesten Punkten zu treffen. Dieser Jäger schien seine linke Hand nie zu benutzen, er lies sie stets in seinen Taschen.
In einem günstigen Augenblick schlich sie sich heran, atmete den strengen Geruch ihres Opfers ein und betäubte ihn mit einem Schlag gegen den Kopf.
Diesen Moment kostete sie wie eh und je aus. Sie sah die Angst und Verwirrung in seinen Augen aufsteigen und im Moment der größten Panik riss sie ihm den Kopf in den Nacken und beendete ihr Spiel. Womit sie jedoch nicht gerechnet hatte...es löste sich ein Schuss aus seinem Gewehr welches er in seiner linken Tasche verstaut hatte. Schwer getroffen schaffte sie es gerade noch sich mit den Schatten zu vereinen bevor sie das Bewusstsein verlor.
„Da hat jemand aber das Glück auf Lebenszeit ausgekostet“ Ocura blinzelte bei diesen Worten auf und sah den Medizinmann von Hammerfall direkt vor ihr. Er hob seine Hand und an einem seiner langen Finger hing ihr altes Medaillon, oder sagen wir das was davon übrig geblieben war. Es war in etliche Teile zerbrochen und blutverschmiert.. ihr eigenes Blut.
Der Medizinmann erklärte ihr dass die Kugel von ihrem Medaillon gestoppt wurde und somit den tödlichen Ausgang verhindert hatte.
„Die Narben wirst Du aber behalten, Mädchen.. aber ich weiß ja dass das für Euch Orks ein Geschenk und eine Ehre ist. Und nun steh auf, da draußen stehen andere die meine Hilfe nötiger haben als Du“
Ocura ließ ihre Fingerspitzen noch ein letztes Mal gedankenverloren über das klaffende Loch in ihrer Rüstung gleiten und machte sich dann wieder daran auch diese zum glänzen zu bringen.
Voller Stolz betrachtete sie ihr Werk und zog sich langsam wieder an.
Jede ihrer Schnallen zog sie sorgfältig fest, jedes Lederband ordentlich gewickelt und am Ende legte sie sich stolz ihren Trophäengürtel um.
Sie wusste noch genau wie sie ihn das erste mal anlegte, selbst geflochten und genäht aus feinstem Kodoleder, mit etlichen goldenen Ringen und Lederbändchen. Sie erinnerte sich noch an das erste Elfenohr welches sie an ihrem Gürtel anbrachte...und wie es im Lauf der Jahre immer mehr wurden. Stolz strich sie über sie hinweg und schaute zum Fenster hinaus.
Sie machte sich zielstrebig auf nach Nordosten, zum Hof des Grol’dom Clans. Mit jedem Schritt wurde ihr mehr und mehr bewusst dass sie das Richtige tat, und mit jedem Schritt wurde sie etwas selbstsicherer.
Sie konnte bereits den Turm und das Dach des Nebenhauses erkennen.. sie hielt kurz inne.
Ein letztes Mal schluckte sie hart und atmete tief durch. „Nun ist wohl der Moment der Wahrheit gekommen“
Langsam, wachsam und sich umschauend ging sie die Stufen zum Eingang des Haupthauses hinauf und klopfte dreimal kräftig an.
Erst dann erkannte sie den großen Ork der sie mit verschränkten Armen fragend anschaute.
Sie erwiderte seinen Blick fest und setzte ihrem Klopfen mit ruhiger doch fordernder Stimme nach:
„Ihr müsst Kranal Fiss sein, ich hörte bereits von Euch. Ich bin Ocura Schattenglanz und ich möchte mit Rotmek oder Thorgrak über eine Aufnahme in Eure Reihen sprechen“
Ein Ihr unbekannter Ork trat wenige Augenblicke aus dem Gebäude heraus und machte ihr schnellen Wortes deutlich dass hier kein Platz für neue Peons sei. Der Hof wäre besetzt und das Essen würde nicht ausreichen um noch weitere hungrige Mäuler zu stopfen.
Ocura hatte im tiefsten Inneren schon eine solche Antwort erwartet, doch ließ sie sich die Enttäuschung nicht anmerken, stattdessen teilte sie dem Grol’dom Ork mit dass sie warten könne, drehte auf dem Absatz kehrt und verlies das Anwesen schnellen Schrittes.
In den folgenden Tagen, verbrachte sie viel Zeit mit Xorak und anderen Grol’doms und je länger sie sich mit ihnen unterhielt, an ihrer Seite kämpfte, um so mehr stieg ein Gefühl der Ungewissheit in ihr hoch.
Sollte sie sich vielleicht doch in ihrer Entscheidung getäuscht haben? Ocura selbst hegte keinerlei Groll gegen die Verlassenen, sie waren ihr bisher immer loyale Gefährten in Schlachten gewesen, warum sollte sie ihr Denken also ändern?
Sie fasste den Entschluss ihre Anfrage zurückzuziehen, denn ein Leben gebunden an all die Regeln des Clans – wäre nicht das ihre gewesen. Sie liebte ihre Freiheit einfach viel zu sehr, und wollte ihre Entscheidungen nach eigenem Ermessen fällen – nicht nach denen eines festen Regelwerks.
Als Ocura, müde und geschafft, von einer Schlacht in die Stadt zurückkehrte, konnte sie von Weitem schon das Getose hören welches von der Bank zu ihr herüber getragen wurde.
Sie suchte schnell die Schatten und schlich sich neugierig an das Geschehen heran.
Ihre wachen Augen erkannten schnell dass Xorak, Rotmek und einige andere Orks in ein hitziges Streitgespräch mit dem Kult der Schatten vertieft waren.
Sie zog es vor, im Schutz der Schatten, ersteinmal einen Überblick zu bekommen bevor sie sich dazugesellen würde.
Schnell konnte sie den Verlassenen auch einen Namen zuordnen: Saryssa schien wohl die Redensführerin des Kultes zu sein, Meruhe hielt sich zwar etwas im Hintergrund doch ihre Worte waren nicht minder angreifend, bedrohlich und überlegen stand Kamos Rotmek gegenüber und drohte ihm mehr als einmal mit der ewigen Verdammnis.
Als dieser Priester sich nun ihrem Gefährten, Xorak zuwandte und ihn ebenfalls angriff, knurrte sie leise auf.
Ocura überlegte noch einen Moment, schlich sich neben Xorak und ließ die Schatten von sich fallen.
Die Hände in die Hüfte gestemmt musterte sie den Priester eingehend, er war ihr an Erfahrung und Wissen weit überlegen, doch ihre Ehre und ihr Stolz hätten es nie zugelassen ihm das zu zeigen.
Mit festem Blick starrte sie ihn an und drohte ihrerseits ihn zu vernichten sollte er sich an ihrem Gefährten vergreifen.
Ocura war sich in diesem Moment nicht bewusst, was sie losgetreten hatte.
Niemand war sich dessen bewusst.
Mit der Zeit wurden die Stimmen leiser, einige Orks hatten den Platz des Geschehens schon verlassen, nur Xorak, Rotmek und Ocura waren noch geblieben – doch auch die beiden Orks drehten sich irgendwann herum und gingen stolzen Schrittes davon.
Nun stand sie da, in ihren Adern brannte die Wut auf den Priester der die Liebe ihres Lebens so angegriffen hatte, und ihr mit dem Tod gedroht hatte.
Sie kritzelte schnell eine Botschaft auf ein Stück Pergament und lies sich in die Schatten fallen. Blitzschnell steckte sie Kamos die Botschaft in die Manteltasche und sprintete davon.
„Bei meinem Leben, fasse ihn an und ich werde Dich jagen und vernichten!
Achte auf Deinen Rücken, denn ab heute werden sich zu Deinen eigenen Schritten immer noch die Meinigen dazugesellen.
Gez. Ocura Schattenglanz“
Ocura war noch nicht weit gelaufen als johlendes, bedrohliches, ja schon fast wahnsinniges Gelächter an ihr Ohr getragen wurde.
Sie wusste gleich dass dieses Lachen von Kamos stammte und sie war sich auch sofort bewusst dass er ihre Botschaft gefunden hatte.
Wenige Augenblicke später spürte Ocura einen stechenden Schmerz hinter ihren Schläfen, ein dumpfes Grollen breitete sich lähmend in ihren Gedanken aus. Sie versuchte den Schmerz zu ignorieren, so wie sie es schon immer getan hatte, doch diesmal war es anders, ganz gleich was sie tat, ganz gleich wie sehr sie ihre Atmung dem Schmerz anpasste, er übermannte sie und nahm Besitz von ihrem Geist.
Aus dem Grollen heraus, flüsterte eine tiefe, bedrohliche Stimme in ihre Gedanken, die Stimme die sie binnen Bruchteilen von Sekunden als Kamos Stimme erkannte.
„Du hast keine Ahnung auf was Du Dich eingelassen hast, Du wirst mir nicht im Weg stehen, und schon gar nicht dem Kult der Schatten. Und nun...spüre meinen Schmerz!!!“
Bei diesen Worten brachen Schmerzen über die Schurkin herein, welche bei Weitem ihre körperlichen und geistigen Grenzen überschritten und sie letztendlich kraftlos auf die Knie sacken ließen.
So schnell wie es begann, hörte es auch wieder auf. Doch Ocura brauchte einige Stunden um sich von dieser mentalen Attacke zu erholen. Einen solchen Angriff hatte sie noch nie erlebt, und sie stand dem Ganzen noch recht eingeschüchtert und hilflos gegenüber.
Die Tage vergingen ohne weitere Zwischenfälle, Ocura zog es vor einen großen Bogen um die Stadt zu machen, um ihre Gedanken zu ordnen und um sich mit ihren Informanten auszutauschen.
Nur hier und da glaubte sie ein diabolisches Lachen in ihrem Gedanken zu hören.
Sie ignorierte es und kümmerte sich verbissen um ihre Ausbildung. Sie wusste dass sie noch viel zu lernen hatte, und dass sie ab nun wenig Zeit haben würde. Sollte es zu einem Kampf kommen, so würde sie mit ihrer jetzigen Erfahrung binnen Sekunden den Staub zu Kamos Füssen fressen.
Doch es kam wie es kommen musste, ihre Vorräte gingen zur Neige, ihre Giftphiolen gaben nicht einmal mehr einen einzigen Tropfen her und gegessen hatte sie auch schon seit Tagen nichts mehr, außer einem Stück Käse und ein paar Beeren.
Die Sonne war gerade im Begriff hinter dem Horizont zu versinken, als sie beschloss dass sie nun ihre Besorgungen erledigen musste.
Es war ein heißer Sommertag gewesen, Durotar lag unter einer Dunstglocke aus Staub und Feuchtigkeit als sie ankam. Sie ließ ihren Blick in die Ferne schweifen doch erkannte sie nicht sehr viel, der Sand brannte förmlich und flimmerte am Horizont.
Langsamen Schrittes, sich immer umschauend, ging sie durch die Strassen Orgrimmars. Sie war schon fast in der Kluft der Schatten angekommen als urplötzlich der Schmerz in ihrem Kopf wieder über sie hereinbrach.
Kaum fähig sich zu bewegen sackte sie unter dem großen Baum zusammen, den Blick starr und leer gen Boden gerichtet, ihre Finger in den warmen Sandboden verkrampft. In ihrem Kopf breitete sich die Kälte aus, ihr Willen war gebrochen.
Wie aus dem Nichts trat Kamos hinter sie, streichelte mit seinen knochigen Fingerspitzen über ihre, vor Anstrengung glühenden Wangen und hob ihr Kinn an.
Leeren Blickes nickte sie ihm zu und stand auf und nahm ihren Platz an seiner Seite ein.
Kamos befahl ihr zu warten und ritt, eine kleine Staubwolke aufwirbelnd, in Richtung der Hallen davon.
Er war nur einige Augenblicke verschwunden, man konnte in der Ferne noch die Hufe seines Rosses hören, als Rotmek – der Häuptling des Clans vorbeiritt und Ocura erkannte.
Er sprang von seinem Wolf und landete direkt vor ihren Füssen. Sich nachdenklich am Kinn kratzend musterte er die Orkin eindringlich und wollte wissen was los sei. Sie blieb stumm. Immer wieder versuchte er sie anzusprechen, ohne Erfolg.
Wild gestikulierend sprach er auf sie ein, schlug ihr gegen die Schultern und stieß sie herum, um sie aufzuwecken. Es half nichts, Ocura blieb in ihrem mentalen Gefängnis gefangen.
Wütend schrie er nach Hilfe von Schamanen und Priestern, doch es war keiner mit ausreichender Erfahrung zugegen, ein Krieger und ein Schurke des Clans hetzten die Gasse herauf und versammelten sich, ebenfalls wild gestikulierend und suchend um die Schurkin herum.
Ocura brachte keinen Ton heraus, auch wenn ihre Seele aus tiefstem Inneren schrie, sie war unfähig auszubrechen.
Ihre Seele trug einen schier unerträglichen Kampf aus, der kalte Schweiß stand ihr auf der Stirn und ihre Wangen glühten nach wie vor mit der untergehenden Sonne um die Wette.
In diesem Moment kam Kamos mit einem überheblichen, siegessicheren Grinsen um die Ecke geritten, stieg langsam von seinem Schlachtross herab und klopfte sich sorgfältig den Staub von der Robe.
Er trat von hinten an Ocura heran und umschloss sie mit seinen knochigen Armen, seinen Kopf auf ihrer linken Schulter ruhend grinste er den Clan-Orks ins Gesicht.
„Ich habe sie Euch genommen, und es gibt nichts was ihr dagegen tun könnt!“ Leise und eindringlich flüsterte er Ocura ins Ohr, gerade so laut dass die anderen es hören konnten: „Und nun komm mit Liebste, wir haben noch etwas zu tun“.
Ocura antwortete mit leiser und monotoner Stimme: „Ja, mein Meister“ und stieg schnell auf ihren Wolf um Kamos aus der Stadt hinaus zu folgen.
Die Orks standen wohl noch einen Augenblick sprachlos an der Gasse, sammelten dann aber schnell ihre Gedanken und machten sich lautstark daran den beiden zu folgen.
Die warme Luft des späten Abends blies ihr ins Gesicht, doch sie nahm es nicht mehr bewusst wahr.
In ihrem Kopf gab es nur noch einen Gedanken: Kamos zu folgen und ihn zu schützen, wenn es sein musste mit ihrem eigenen Leben.
Der Staub Durotars lag schwer und träge in der Luft als sie Kamos zum Zeppelinturm folgte, hinter ihnen eine johlende tobende Gruppe Clan Orks die ihn daran hindern wollte – doch auch diese nahm Ocura nicht wahr. Ihr Geist wurde von Sekunde zu Sekunde mehr gebrochen. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Eine Gedankensklavin ohne eigenen Willen, und dennoch bekam sie im tiefsten Inneren, in ihrem vergrabenen Unterbewusstsein all die Schmach und all den Schmerz zu spüren. Kamos verstand sein Handwerk, sie zu kontrollieren allein, hätte ihm keinen Genuss gebracht, er wollte dass sie leidet...und das tat sie.
Die beiden waren gerade den Turm hinaufgelaufen als die Orks schon von hinten an sie heranpreschten. Schwerter, Dolche, Äxte und Zaubersprüche zerschnitten die Stille, es wurde ein blutiger Kampf aller Anwesenden. Kamos lies sein gesamtes Repertoire über die Krieger hereinbrechen. Ocura stand ihm tatkräftig mit ihren Dolchen zur Seite und hielt ihm die eine oder andere Axt vom Leib. Sichtlich geschwächt stand Rotmek tobend vor dem Priester, doch Kamos lies sich nicht beirren, mit einem kalten Grinsen übernahm er Rotmeks Gedanken und lies ihn genüsslich vom Turm herabstürzen.
Ohne sich weiter um ihn zu kümmern betraten Kamos und Ocura den gerade angekommenen Zeppelin und flogen in Richtung Undercity davon.
Sie wurde in ihr Verlies hinter dem Apothekarium geführt, ein kleiner Käfig in einem Raum ohne Licht und ohne Frischluft. Hier sollte sie nun also ...leben.
Zusammengepfercht mit einem halben Dutzend anderer Opfer, die meisten davon mehr tot als lebendig, fristete sie wochenlang ihr Dasein als Gedankensklavin.
Hier und da trat Kamos in den Raum um ihr irgendwelche Tränke zu verabreichen.
An manchen Tagen war er in Begleitung von Agoness, einer noch recht unerfahrenen, doch sadistischen Schattenpriesterin welche nur liebend gern jede Gelegenheit wahrnahm Ocura als Spielzeug ihrer Launen zu benutzen.
Ocura musste Schmerzen und Leid ertragen, wie nie zuvor in ihrem Leben. Ihr Wille wurde immer und immer wieder gebrochen, ihre Lebensenergie und ihr Überlebenstrieb zu Nichte gemacht.
Kamos genoss es sichtlich sie zu zerstören, sie wieder ein wenig aufzuheben nur um sie noch tiefer fallen zu lassen.
Womit er allerdings nicht gerechnet hatte, war der angeborene Blutrausch der Orks.
Eines Nachts, als er sie wieder seine Macht spüren lies, ging er einen Schritt zu weit. Er tauchte Ocuras Körper in ein kaltes Feuer und ließ sie, gedanklich, bei lebendigem Leibe brennen. In diesem Moment brach ihr kochendes Blut die Fesseln der Gedankenkontrolle und sie rannte so schnell wie ihre Füße sie trugen aus dem Apothekarium heraus. Sie schaffte es gerade noch mit den Schatten zu verschmelzen als Kamos und seine Gefolgschaft um die Ecke bogen und nach ihr suchten.
Sie wusste bereits zu viel, sie entkommen zu lassen hätte böse Folgen haben können.
Die Orkin machte sich auf kürzestem Weg auf nach Orgimmar, sie brauchte den Schutz ihres Volkes mehr denn je. Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste sie dass sie es nicht alleine schaffen konnte. Ihr Herz sehnte sich danach in Xoraks Armen ihre Wunden heilen zu lassen, sie wollte sich zusammenkauern und beschützt werden, das Leid der letzten Wochen vergessen.
Doch hatte sie diese Rechnung ohne den Priester gemacht.
Kaum hatte sie Orgrimmar erreicht, kaum mit Xorak gesprochen und kaum um Hilfe gebeten, machten sich der lähmende Schmerz und die Kontrolle wieder in ihren Gedanken breit.
Wortlos und emotionslos ging sie aus der Stadt hinaus, wehrte mit einer unbändigen Kraft alle Arme und Hände ab die sie halten wollten und bestieg den Zeppelin nach Undercity.
In der Thronhalle wurde gerade die Schattenpredigt gehalten und Kamos zitierte sie in die Mitte des Kreises, an seine Seite. Mit einem Nicken befahl er ihr, ihren Platz, auf Knien zu seinen Füssen einzunehmen.
Als Xorak und die anderen Grol’dom Orks den Raum betraten nickte er Ocura zu: „Du wolltest diesem Schwein noch etwas sagen, nicht wahr?“
Ocura nickte und ging, sich aufbauen und die Hände in die Hüften stemmend auf Xorak zu. Mit eisigem Blick starrte sie ihm tief und hasserfüllt in die Augen, auch wenn in ihrem Inneren gerade alles danach schrie die Worte nicht zu sagen, sie verließen doch ihre Lippen: „Du warst nur ein Spielzeug meiner Lust, ich habe Dich nie geliebt. Du bist meiner nicht würdig“ mit diesen Worten drehte sie auf dem Absatz kehrt, ging zurück auf ihren Platz neben Kamos und auf sein Nicken hin kniete sie als seine unterwürfige Dienerin zu seinen Füssen.
Mit einem überheblichen und kalten Grinsen im Gesicht fuhr Kamos seine knochigen Finger durch Ocuras Haare und sie wiederum schmiegte schon fast vertraut ihren Kopf gegen seine Hand.
Binnen Sekunden brach ein Kampf in der Halle aus und das Chaos übernahm die Herrschaft.
Agoness packte Ocura und zerrte sie aus dem Getose heraus um sie zurück in ihr Verlies zu bringen und somit den Orks jede Chance zu nehmen sie herauszuholen.
Ocura wurde von einer Axt an der Schulter getroffen aber ihr Blutrausch konnte sie diesmal nicht aus den Fesseln befreien.
Die Tage kamen und gingen, seit dem Kampf im Thronsaal hatte sich keiner mehr um die Gefangenen gekümmert. Das Klagenlied schwoll zu einem lauten Schreien an, die, die noch lebten versuchten ihren Käfigen zu entkommen, doch sie waren so fest verschlossen dass es aussichtslos war.
Ocura merkte dass nach und nach das Gefängnis sich etwas lüftete, Kamos schien wohl mit anderen Sachen beschäftig. Sie suchte fieberhaft, Stunde um Stunde das Gemäuer ab, suchte nach Hinweisen und Möglichkeiten herauszukommen und erkannte plötzlich eine kleine, schemenhafte Gestalt in der Ecke, welche sie genau zu beobachten schien.
„Hilf mir hier raus“ flüsterte sie der Gestalt zu „ich werde Dich reich belohnen, so reich dass Du Dein Leben lang ausgesorgt hast“
Die Gestalt trat langsam und vorsichtig aus der Ecke heraus und schenkte Ocura ein offenes und ehrliches Lächeln.
„Ich will Deinen Lohn nicht, ich will Dir nur helfen...helfen dass Du nicht so endest wie ich“, sie zog einen Dietrich aus ihren Taschen und sah sich noch einmal prüfend um bevor sie das schwere Schloss öffnete.
„Man nennt mich das Kerkermädchen, meine Aufgabe ist es hier in diesem Gemäuer aufzupassen und Alarm zu geben wenn etwas passieren sollte. Ich war einmal wie Du, und Du würdest bald sein wie ich – das will ich Dir ersparen. Lauf! Lauf so schnell Du kannst und dreh Dich nicht um, ganz gleich was passiert. Lauf!“ sie schob Ocura mit aller Kraft in Richtung Tür ohne dabei je den Blick vom Hinterausgang zu lassen.
Ocura war noch keine fünfzig Schritte gelaufen als sie hinter sich ein lautes Poltern und Schreien vernahm. Sie wollte schon umkehren, doch klangen die Worte des Mädchens noch in ihren Ohren „Lauf weiter ganz gleich was passiert“... Ocura nickte sich selbst zu und lief, sie sprintete in ihre Schatten hinein und verlies Undercity ohne nur eine Sekunde inne zuhalten. Schnellen Schrittes betrat sie den Turm und sprang auf den gerade losfliegenden Zeppelin auf, ohne zu Zögern begab sie sich sofort unter Deck und kauerte hinter dem aufgestapelten Lagergut. Sie wusste dass dies ihre letzte Chance sein würde, lebend aus der Sache herauszukommen. Ocura schloss während des gesamten Fluges ihre Augen und konzentrierte sich auf ihren Geruchssinn und ihre Ohren. Jedes noch so kleine Geräusch wägte sie ab, jeden Geruch ordnete sie seinem Ursprung zu. Diesmal wollte sie keinen Fehler machen.
Der Zeppelin ächzte kurz auf, und die Rotorblätter verlangsamten ihren Lauf. Tief sog Ocura die Luft in sich auf und erkannte den Duft Durotars. Zum ersten Mal in den letzten Monaten fühlte sie eine gewisse Wärme ins ich aufsteigen. Sie spürte Hoffnung.
Noch bevor der Zeppelin anlegte sprang Ocura herunter, sie hatte sich lange im sicheren Fall geübt und zog sich nur ein paar Kratzer und blaue Flecken zu. Blitzschnell verschmolz sie mit den Schatten und rannte in Richtung Brachland davon.
Orgrimmar war kein sicherer Ort mehr für sie, deshalb hatte sie die Entscheidung getroffen auf dem Hof des Clans Schutz zu suchen, bis sie wieder bei Kräften war.
Kranal Fiss hörte sich an was sie zu berichten hatte, und erstattete umgehend Meldung.
Binnen kürzester Zeit war Xorak schon am Hof um sie in seine Arme zu schließen. Ocura lies ihren Tränen freien Lauf, sie musste sich das Leid von der Seele schreien.
Xorak hörte wortlos zu, drückte sie immer wieder fest an sein Herz und lies hier und da ein tiefes Knurren von sich. Er litt mit ihr, das spürte sie, und sie spürte auch dass sie ihm nie zu vor so nahe gewesen war, wie in diesem Moment.
Im Laufe des Tages und Abends trafen immer mehr Orks des Clans ein, und zusammen besprach man was zu tun sei.
Ab diesem Moment wurde Ocura keinen Moment mehr aus den Augen gelassen. Sie stand ab jetzt den gesamten Tag und die gesamte Nacht unter Schutz. Wenn es nach dem Clan gegangen wäre hätte sie ihre Ausbildung nicht vollenden dürfen, doch sie bestand darauf. Sie wusste dass sie noch erfahrener werden musste um sich gegen Kamos stellen zu können.
Mit der Zeit mussten sich alle eingestehen dass auch der Hof nicht sicher genug war um ihr Schutz zu bieten. Ocura sah sich also nach einer anderen Möglichkeit um. Sie berat sich mit Freunden und Bekannten, holte sich Auskunft von ihren Informanten und beschloss am Ende der Woche dass sie sich in einer unscheinbaren Behausung zurückziehen würde. Mit nur ein paar Habseeligkeiten zog sie in ein Zimmer des Seniorenstift Stratholms. Hier würde sie wirklich niemand vermuten. Dachte sie zumindest.
Xorak hatte in der Zwischenzeit Hilfe bei den Ahnen und Geistern gesucht und sich in einem Ritual ausbilden lassen. Er kümmerte sich rührend um sein Weib und wollte sicher gehen dass er ihr helfen konnte, sollte Kamos noch einmal seine Macht ausspielen.
Er hatte schneller Gelegenheit dazu als ihm Recht gewesen wäre. Ocura war gerade dabei ihre Ausrüstung reparieren zu lassen, und ihre Vorräte für die nächsten Wochen aufzustocken als Kamos sie erspähte und sofort auf die Knie zwang.
Mit vereinten Kräften wurde der Priester und sein Gefolge aus der Stadt gejagt. Die wenigen Orks die, zusammen mit Xorak bei Ocura geblieben waren, nickten sich wissend zu. Xorak packte Ocura und warf sie über seine Schulter. Schnellen Schrittes verließen sie die Stadt und machten sich auf den Weg zum Fluss.
Xorak lies Ocura sanft herab und schaute sie ernst an. „Ich habe ein Ritual erlernt, welches Dich befreien soll und für die Zukunft schützen wird. Es wird ein harter Weg, aber wir gehen ihn gemeinsam.“ Er schüttelte Ocura und schaute ihr tief in die leeren Augen, bevor er sie noch einmal mit einem wehmütigen knurren an sein Herz zog. „Ich weiß Du hörst mich, ich spüre es“ flüsterte er ihr noch ins Ohr bevor er sie von sich schob und das Ritual begann.
Jeder der Orks rammte einen Pfahl in die warme, feuchte Erde, tief genug dass kein Ork ihn herausreißen hätte können. Xorak zog einige sehr starke Taue aus seinem Rucksack und überreichte sie den anderen Orks.
Noch bevor Ocura etwas hätte tun können waren ihre Arme und Beine gefesselt und an je einen Pfahl geknotet.
Unfähig sich zu wehren, unfähig etwas zu sagen und gefangen in sich selbst, lag sie in der Mitte der Orks.
Xorak begann ein Schlachtlied zu murmeln während er einige Stäbe und Spieße in die heiße Glut des Lagerfeuers legte.
Immer wieder lies er seinen Blick zu seinem Weib abschweifen, wer ihn kennt wusste wie schwer es ihm fiel dieses Ritual auszuführen.
Das Schmerzritual - eines der ältesten Rituale des Orkischen Volkes. Den Geist zu reinigen, das wilde Blut wieder zum kochen zu bringen, einen Ork zu seinen Wurzeln zu führen.
Es führt einen an seine Grenzen, und weit darüber hinaus. Für manche endet das Ritual im Tod, doch wer das Ritual überlebt der geht gestärkt und voller Lebensenergie heraus.
Xorak wusste dass dies die einzige Möglichkeit war, sein Weib zu retten und sie für die Zukunft zu schützen – und nur durch dieses Wissen war er bereit sie so leiden zu lassen.
Heißes Eisen durchbohrte Ocuras Haut und drang tief in ihre Arme und Beine ein. Tiefe Wunden ließen Wellen unendlichen Schmerzes durch ihren Körper rauschen und mit jeder Welle entwich ihren Lippen ein Knurren, ein Schrei ..erst leise, dann etwas lauter – bis irgendwann ihr Blut zu kochen begann und die Leere in ihren Augen den lodernden Flammen der Wut wich. Aus vollen Lungen schrie sie die aufgestaute Wut in die Welt hinaus, und mit jedem Schrei fühlte sie sich befreiter und stärker.
Xorak nickte zufrieden und zog noch ein Schmuckstück aus der Tasche. Ein kleiner Stab mit einem runenverzierten Plättchen an der Oberseite sollte von nun an Ocuras Unterlippe zieren.
Mit einem gekonnten Stich wurde der Stab von Xorak eingesetzt und auf seinen richtigen Sitz geprüft.
Nach und nach wurden die Fesseln gelöst und Ocura kniete keuchend und erschöpft am Ufer des Southfury. Sie stützte sich mit beiden Händen auf der Erde ab und rang nach Luft, das Ritual hatte ihr schwer zugesetzt, doch es hatte seine Wirkung nicht verfehlt.
Sie schöpfte mit beiden Händen Wasser aus dem Fluss und klatschte es sich ins Gesicht, sie hatte das Gefühl dass sie sich den Dreck der letzten Monate abwaschen müsste, doch selbst das gesamte Wasser des Southfurys hätte in diesem Moment nicht ausgereicht um die Erinnerungen wegzuspülen. Zu tief waren die Wunden noch, und lange würden sie brauchen um zu heilen.
In den kommenden Wochen waren Xorak und Ocura fast unzertrennlich, sie suchte seine Nähe wann immer sie nur konnte. Er gab ihr Kraft, Kraft zu wachsen, kraft sich wieder zu finden und Kraft sich dem Leben neu zu stellen.
Sicher er war oft ein Sturkopf aber trotz all der Differenzen waren sie aus dem gleichen Holz geschnitzt und fanden immer einen Weg.
Xorak war eifersüchtig auf jeden der Ocura auch nur eines Blickes würdigte, am Anfang empfand sie das als schmeichelnd, doch irgendwann musste sie ihn zur Rede stellen. Sie hatte das Gefühl er würde ihr nicht vertrauen. Sie waren gerade in einer Diskussion darüber als ein verlassener Magier heransprang und Ocura mit Küssen und Gesten übersäte.
Ocura musste schmunzeln, Riot verfolgte sie schon lange, sie war seine Art schon gewohnt. In ihren Augen schien er einfach schon zu lange in der Gruft gelegen zu haben, sie hielt ihn für verrückt und wirr, aber nicht gefährlich.
Xorak explodierte förmlich und in diesem Moment war sein Hass auf den Magier geboren, ein Hass der so stark war wie die Liebe die er für Ocura empfand.
Sie ließ Xorak gewähren wenn er sich wieder lautstark über den Magier aufregte, irgendwann würde er schon verstehen dass es nur ein verwirrter Kerl war, dessen war sie sich sicher.
Die Wogen der letzten Wochen hatten sich geglättet, Ruhe war eingekehrt und Ocura traute sich öfter wieder in die Stadt, auch wenn sie sehr vorsichtig dabei vorging und diverse Sicherheitsvorkehrungen traf. Das Leben schien seinen alten Lauf gefunden zu haben.
Auf der anderen Seite fühlte sie sich schon fast schmerzhaft unsicher, sie kannte das Gefühl - vor langer Zeit hatte sie, des gleichen Gefühls wegen, Xorak schon einmal verlassen, sie war noch ein junges Ding, und sich nicht sicher ob sie für eine Bindung dieser Art schon reif sei.
Nach ein paar Stunden war diese Unsicherheit verflogen und sie fand sich erneut in seinen Armen wieder.
Dieses mal allerdings, war sie sich nicht sicher ob sie Xorak die Liebe zurückgeben konnte die er verdient hätte. Sie war sich unsicher ob sie, nach all den Jahren des Herumziehens und Landstreichens...zur Ruhe kommen würde, sesshaft werden könnte.
Sie war sich unsicher ob sie das Geschehene jemals vergessen konnte um frei zu leben. Sie war sich unsicher ob das Erlebte ihrer Bindung schaden könnte, Xorak hatte sie in einem Zustand gesehen, so verletzlich und mehr tot als lebendig, sicher hatte er allen Respekt und alle Achtung vor ihr verloren.
Sie entschloss sich, in die Einsamkeit zu ziehen bis sie Gewissheit hatte.
Sich vollkommen allein ihren Gedanken stellen, in sich zu kehren bis sie sich gefunden hatte, das schien die beste Lösung zu sein.
Vorsorglich gab sie Xorak schweren Herzens frei, er sollte nicht das Gefühl haben warten zu müssen, sollte er sie wirklich lieben so würde er sicher noch so fühlen wenn sie ihre Gefühle geordnet hatte, ansonsten würde Ocura ihn in den Armen eines anderen Weibs wieder finden. Ganz gleich was geschehen würde, es würde so geschehen wie es geschehen musste.
Eine kleine Höhle, am Abhang eines entlegenen Berges in den Wäldern Ashenvales, weit über den Wipfeln der höchsten Bäume, oft war sie schon hier gewesen als kleines Mädchen. Dieser Ort schenkte ihr Zufriedenheit und Geborgenheit. Niemals kam jemand oder etwas hier herauf, wahrscheinlich kannte außer ihr selbst, niemand diesen wunderschönen Ort.
Die Tage waren warm und luftig, in der Nacht gab der Berg die Wärme des Tages ab und bot ihr ein gemütliches Lager.
So vergingen die Tage, die Wochen und Monate für Ocura mit Nachdenken und Abwägen, mit in sich hineinhören und Selbstgesprächen.
Nachdenklich lies sie ihren Blick eines Morgens über die noch taufeuchten Blätter des Waldes schweifen, das Sonnenlicht brach sich in den abertausend Tautropfen die an jedem einzelnen Blatt hingen, langsam zusammenflossen und letztendlich als dicker, nährender Wassertropfen auf den Waldboden hinabfielen.
Ocura genoss den Anblick jeden Morgen aufs Neue, es war als würde sie dem Licht beim Tanzen zu schauen.
An diesem Morgen war die Stimmung besonders melancholisch und ihr Herz lag schwer in ihrer Brust. Sie horchte in sich hinein und war sich sicher, dass sie nach Hause gehen sollte. Die Sehnsucht war erwacht, und mit ihr die Gewissheit dass sie lieben konnte, dass sie sesshaft werden wollte.
Schnell packte sie alles zusammen und verwischte die Spuren ihrer Anwesenheit. Niemand sollte merken dass sie hier gewesen war, auch wenn die Chancen noch so klein standen dass jemand sich hierher verirren würde.
Mit einem letzten prüfenden Blick pfiff sie nach ihrem Reitwolf und lehnte sich wartend gegen einen alten Baum am Fuße des Berges.
Ihr Wolf ließ nicht lange auf sich warten und kam schwanzwedelnd auf sie zugerannt. Überschwänglich sprang er um sie herum und leckte Ocura über das Gesicht.
„Ja mein Guter, wir reiten nach Hause. Ich sehe Du freust Dich genau so wie ich darüber“, gedankenverloren kraulte sie ihm hinter dem Ohr und gab ihm dann das Kommando so schnell zu laufen wie er nur kann – sie konnte es kaum noch erwarten.
Xorak war zurückhaltend ja schon fast kühl als sie ihn fand. Sie versuchte ihn in ein Gespräch zu verwickeln doch er wirkte seltsam reserviert.
Ocura ahnte schon was er zu verbergen hatte und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust und schaute ihn mit festem Blick an „Du hast Dich mit einem Weib eingelassen und nun hast Du nicht den Mut es mir zu sagen... ich hätte mehr Größe von Dir erwartet!“
Ocura drehte sich wütend um und ließ Xorak stehen, ohne sich auch nur noch ein einziges Mal umzudrehen. Später erfuhr sie dass Xorak sich einem Ritual unterziehen wollte um seine Liebe zu ihr zu vergessen. Gerne hätte sie mehr davon erfahren doch ihre Informanten konnten nicht mehr herausfinden.
Wild gestikulierend kam ihr ein Peon des Clans entgegen und erzählte ihr schon fast überschlagend dass der Clan heute Kamos gefangen nehmen würde um ihn Thrall vorzuführen. Er solle seiner gerechten Strafe zugeführt werden. Ocura war sich sicher dass die vereinten Kräfte des Clans es schaffen würden und machte sich neugierig auf den Weg in die Unterstadt. Das wollte sie sich nicht entgehen lassen, sie wollte auch von der Genugtuung kosten.
Teilnahmslos beobachtete Ocura das Geschehen und folgte dem Trupp, der Kamos nach kurzem Kampf aus der Stadt herausbrachte um ihn nach Ogrimmar zu überführen.
Sie war innerlich unruhig, irgendetwas stimmte mit den Anhängern des Kultes nicht, sie waren ihr schon fast zu ruhig und gelassen. Ocura kannte ihre Kräfte und Mächte, und das was sie hier als Gegenwehr boten, war nicht einmal ein Bruchteil dessen was in ihrer Macht stand.
Ocura blieb auf der Hut und beobachtet alles genau, ihre Sinne waren geschärft und nichts, nicht einmal das kleinste Detail sollte sich ihren wachen Augen entziehen.
Der Zeppelin hatte noch nicht ganz in Durotar angelegt, als das Chaos ausbrach. Kamos flüchtete mit einigen Anhängern in Richtung Brachland während die Krieger des Kultes die Orks in Schach hielten.
Ohne zu zögern sprang die Orkin herunter und sprintete, während sie nach ihrem Wolf pfiff, Kamos hinterher.
Sie war sich sicher dass sie ihn einholen könnte, wenn sie sich nur beeilte. Alleine könnte sie ihn vielleicht so lange beschäftigen bis sie Unterstützung bekam.
Als sie sich umsah konnte sie in der Ferne, hinter sich, Xorak ausmachen. Er hatte also den gleichen Plan wie sie gehabt. Ocura fühlte sich schon etwas wohler zu mute, nun da sie wusste dass sie Kamos nicht lange alleine gegenüberstehen musste.
Kamos schien zielstrebig in Richtung Grol’dom Hof zu reiten. Ocura musste feststellen dass sein Schlachtross um einiges schneller vorankam als ihr Wolf. Doch das sollte sie nicht abhalten ihn weiter anzutreiben.
Von weitem schon konnte sie den Turm des Clan Hofs ausmachen, doch von dem Priester war nichts mehr zu sehen – er war bereits hinter dem Horizont verschwunden.
Ocuras Lippen entwich ein zorniges Knurren.
Auf dem Weg vor dem Hof sprang sie von ihrem Wolf ab und machte sich ein Bild von der Umgebung, mit offenem Mund hielt sie inne und starrte sie in Richtung Süden. Alles hatte sie erwartet, doch nicht das.
Xorak und sie standen nun, völlig auf sich alleine gestellt, einer Armee des Kultes und ihren Anhängern gegenüber. Angeführt von niemand anderem als Kamos persönlich.
Sie fühlte in ihrer Tasche nach ihrem Ruhestein, doch das Vibrieren und Kribbeln was von ihm ausging wenn er aufgeladen genug war um sie nach Hause zu schicken...war nicht da. Ihr Ruhestein war noch nicht bereit.
Sie schrie Xorak entgegen dass er sofort seinen benutzen soll, um die anderen Krieger zu rufen. Doch Xorak blieb stur, er wollte sich wohl beweisen dass er ein Weib nicht im Kampf alleine lassen und fliehen würde. Ocura war sich sicher dass der Hof verloren und ihr Leben nun endgültig zu Ende sei.
In ihrer Verzweiflung über die Situation stellte sie sich zwischen Kamos und Xorak, schrie den Ork an endlich zu verschwinden und Verstärkung zu rufen, doch es half nichts. Sie blickte sich gerade noch einmal hilfesuchend nach Xorak um als sie den ihr so bekannten und gehassten Schmerz in ihrem Kopf spürte, sie schüttelte sich und wehrte sich dagegen.
Zu Kamos Erstaunen blieb sie standhaft und wiederstand seiner Gedankenkontrolle. Kamos war außer sich vor Zorn und lies all seine Macht, all seine Kräfte auf sie einfließen.
Ihre Gedanken spielten verrückt, Angst, Trauer, Wut und Schmerz wechselten sich ab, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, ihre Hände gehorchten ihr kaum, sie konnte ihre Dolche nicht führen, ihre Haut brannte und ihre Kraft lies binnen Augenblicken nach.
Ocura bäumte sich auf und schrie noch ein letztes Mal Xorak entgegen dass er laufen soll...dann wurde es dunkel um sie herum.
Lautes Gerede und Stimmengewirr rissen sie aus der Bewusstlosigkeit. Sie blinzelte ein paar Mal und das grelle Licht der untergehenden Sonne des Brachlands brannte in ihren Augen.
Ihr Kopf brummte und jeder Herzschlag sorgte dafür dass sie schmerzhaft an den Kampf erinnert wurde, den sie so ausweglos versucht hatte zu kämpfen.
Ihr Blick wanderte müde durch den Raum bis er an einer anderen Matte hängen blieb.
Xorak lag dort schwer verwundet und von zahlreichen Heilern umringt.
Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, sie konnte erkennen dass er noch atmete, doch die besorgten Gesichter der Heiler sagten alles aus was gesagt werden musste.
Es stand schlecht um ihn, verdammt schlecht.
Ihr Blut begann zu brodeln, ihre Wut überschlug sich...wie von Sinnen sprang sie auf hechtete an den Anwesenden vorbei und rannte mit einem lauten „KAMOS!“ in Richtung Orgimmar.
Auf ihrem Weg lief sie einigen unbekannten Gestalten welche von langen Kutten bekleidet waren, in die Arme.
Sie stutzte für einen Augenblick, als die Gestalten sich verbeugten und ihr dann den Weg frei machten.
Ocura meinte ein paar Wortfetzen gehört zu haben „Das ist sie...ja das muss sie sein“ aber sie schenkte dem Ganzen keinerlei Bedeutung, sondern Ritt unbeirrt weiter in Richtung der Stadt.
Nach einer Weile gab sie die Suche nach Kamos auf, und ertrank ihre Wut in unzähligen Bieren. Ihre Laune besserte sich langsam und sie war wieder fähig ein relativ normales Gespräch zu führen.
Langsam schlenderte sie durch das Tor der Stadt, sie wollte noch ein wenig der frischen warmen Luft des Abends genießen bevor sie sich auf den Weg zum Hof machen wollte um nach Xorak zu sehen.
Während sie sich mit einigen Leuten unterhielt kam Xorak um die Ecke geritten, er schien wohl auf der Suche nach ihr gewesen zu sein. Sie war mehr als erfreut zu sehen dass es ihm besser ging und er, trotz dem dass es so schlecht um ihn gestanden hatte, recht unbeschadet aus dem Überfall herauskam.
Sie grinsten sich beide an und entschieden sich ein Stück zusammen zu gehen, es gab vieles zu bereden und auszutauschen. Ocura hatte für einen Moment das Gefühl dass die alte Vertrautheit wieder einkehrte.
Sie schlenderten in Richtung Southfury und genossen die frische Luft des Abends. Das Plätschern des nahen Southfury wurde zusammen mit dem Gezwitscher der Vögel an sie herangetragen - fast nichts erinnerte daran dass die Beiden gerade eben noch einen Kampf auf Leben und Tod geführt hatten, nichts erinnerte daran dass Beide dem Tode eben um einiges näher gewesen waren als dem Leben.
Als sie an dem kleinen, verlassenen Gehöft vorbeikamen, schauten sie sich kurz an.
Beide hatten ein Lächeln auf den Lippen und nickten sich einfach nur verstehend zu. Langsam stiegen sie die Stufen hinauf und machten es sich in der Hütte gemütlich.
Sie waren in ein angeregtes Gespräch über das Vergangene und das eben Geschehene vertieft, ihr Gelächter und Geknurre war noch von Weitem zu hören. Die beiden Orks fühlten sich sichtlich in Feierlaune, bis Ocura etwas witterte, sie lauschte auf und ging schnellen Schrittes vor die Hütte.
Draußen erkannte sie eine junge Ork Jägerin die gerade, wild gestikulierend auf ihr Tier einsprach. Es hatte anscheinend nicht gehört und eines der Schweine gerissen.
Etwas ängstlich trat die junge Jägerin an Ocura heran und fragte ob es ihr Schwein gewesen wäre, sie würde es ersetzen und bat Ocura ein paar Barren Metall an. Ocura musste grinsen, die junge Orkin stand etwas eingeschüchtert vor ihr, in er einen Hand ein blutverschmiertes Schwert in der anderen, hing leblos der Kadaver eines jungen Schweins auf den Boden herab.
Die Schurkin beobachtete wie das junge Weib in die Hütte hineinlinste und die Augenbraue erstaunt hochzog.
Sie erkannte in dem Blick etwas, was ihr nicht gefiel, und dieses Gefühl wurde noch gesteigert als das Weibchen an ihr vorbei in die Hütte lief um Xorak zu begrüßen.
Ocura hörte den beiden einen Moment zu und ging dann mit verschränkten Armen hinein.
„Ihr kennt Euch ?“ knurrte sie den beiden zynisch entgegen.
Zwei Augenpaare waren sofort auf sie gerichtet und beide erklärten in einem, nicht enden wollenden Wortschwall wer dieses fremde Weib ist und woher die beiden sich kannten.
Mit jedem Wort verfinsterte sich Ocuras Mine etwas mehr, und als die beiden endlich verstummten, stand sie wortlos auf, drehte sich in Richtung Ausgang und ging hinaus.
Im Türbogen hielt sie inne und erwiderte ohne sich umzudrehen: „Ach, so ist das also, ich habe verstanden...“ mit diesen Worten ging sie hinaus um nachzudenken.
Sicher sie hatte ihn freigegeben, doch sie war sich so sicher dass da noch ein Funken Hoffnung verborgen war, sie waren sich so nahe, verstanden sich blindlings...und nun das?
Für einen Moment begann sie schon zu überlegen wie sie sich ablenken könnte um alles zu vergessen, als sie hinter sich Xorak und Bhankka diskutieren hörte, dann näherten sich Schritte, Schritte deren Klang sie schon in und auswendig kannte – Xorak kam zu ihr heraus.
Er packte sie kraftvoll bei den Schultern und drehte sie zu sich herum, schaute ihr tief in die Augen, die Knie der Orkin wurden weich doch sie riss sich zusammen. Lange konnte sie ihrem Herzen doch nicht wiederstehen und ehe sie sich versah lag sie in Xoraks Armen und genoss seine stürmischen, leidenschaftlichen Küsse nach denen sie sich schon seit Wochen gesehnt hatte.
Sie war endlich wieder zu Hause.
Ocura bemerkte nicht einmal mehr wie das junge Ding hinaus ging und verschwand, sie war förmlich im Rausch ihrer Gefühle und wollte daran auch nichts ändern.
Als Xorak sich später in der Nacht verabschieden musste, da er noch einige Aufgaben am frühen Morgen erledigen zu hatte, entschloss Ocura sich dazu noch einmal am Hof vorbei zureiten um nach dem Rechten zu sehen. Sie hätte sicherlich kein Auge zubekommen ohne die Gewissheit dass noch jeder Stein auf dem anderen stand.
Sie schlang ihre Arme um Xorak und drückte ihn liebevoll an sich, mit einem langen Kuss verabschiedete sie sich und machte sich, mit dem Versprechen am nächsten morgen für das Frühstück zu sorgen, auf den Weg zum Hof.
Der kühle Wind wehte ihr während des Ritts scharf ins Gesicht, die Temperatur war rasch gefallen und die ersten Vorboten des bevorstehenden Herbstes meldeten sich an.
Ocura zog den Umhang etwas enger um ihren Körper als sie den Southfury überquerte.
Im fahlen Mondlicht konnte sie auf der Strasse ein paar Gestalten in langen Kutten ausmachen, sie kniff die Augen zu Sehschlitzen zusammen konnte aber nicht wirklich erkennen wer da stand.
Sie entschloss sich abzusteigen und an sie heranzuschleichen, doch noch ehe sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte wurde sie mit einem Schlag auf den Hinterkopf betäubt und fiel zu Boden....erneut machte sich die Dunkelheit um sie herum breit.
Als sie mit Kopfschmerzen aus ihrer Bewusstlosigkeit gerissen wurde, fand sie sich in einer Ruine wieder, der Geruch und Geräusche erinnerten sie stark an die Gemäuer der Scholomance. Ja, sie war sich sicher dass sie sich in der alten Schule der Nekromanten befand.
Eine Gänsehaut machte sich auf ihrem Körper breit und lies sie frösteln, sie schaute an sich herab und stellte erschrocken fest dass sie vollkommen nackt auf einer steinernen Bahre lag.
Um sie herum war der Raum in ein fahles Kerzenlicht getaucht und die Luft war geschwängert vom Rauch der Kohlepfannen und Kamine. Ihre Augen brannten wie Feuer, die Tränen liefen ihre Wangen herunter und langsam ihren Hals herab.
Durch die Tür konnte sie im Nebenraum die Gestalten erkennen, die vorhin noch auf der Straße standen, die Orkin konzentrierte sich auf ihre Ohren und versuchte wenigstens ein wenig dessen aufzufangen was dort beredet wurde.
„Er weiß unsere Mächte zu brechen, und sie weiß es ebenfalls, sie weiß zu viel über unsere Ziele. Außerdem kennt sie den Kult der Schatten und könnte diesen gegen uns hetzen, schließlich ist sie eine Schurkin, eine die ihren Verstand benutzt – das macht sie nochmals so gefährlich!
Allerdings...könnte sie uns auch von Nutzen sein, wenn wir sie auf unsere Seite zu locken wissen, was uns jedoch immer noch nicht das Problem mit dem Schamanen löst.
Er MUSS sterben – er könnte alles zu Nichte machen, und das so kurz vor der Vollendung.
Er könnte ES zerstören und wir stünden mit leeren Händen da.
Brüder und Schwestern, ihr wisst – ES’ Entwicklung kann nicht wiederholt werden, ES kann nicht noch einmal erschaffen werden. Ist ES vernichtet, sind Jahre verloren.
Tötet den Schamanen und macht uns die Schurkin zu eigen!
Wir dürfen nicht versagen, ES muss in die Welt geschickt werden!
Schickt die Schatten los, sie sollen es sofort erledigen“
Die Schattengestalt hielt inne und schien in eine der blauen Flammen zu schauen, die in einer jeden Ecke des Tisches aufgestellt waren, um welchen sie sich versammelt hatten. Dann fuhr er zischelnd und flüsternd fort:
„Der Schamane hält sich in den Kriegerhallen Orgrimmars auf und meditiert. Die Schatten werden also keinerlei Gegenwehr zu erwarten haben “
Ocura schluckte laut, ES – sie kannte diese Beschreibung und sie wusste dass sie ES in sich trug – schon verdammt lange.
Pied hatte sie damals mit einem Trank damit infiziert aber sie fand nie heraus was genau passieren würde, was genau ES ist. Pied hatte ihr zwar, auf seine Weise einige Erklärungen gegeben, doch sie verstand die Sprache eines wirren, verrückten und wahnsinnigen Wissenschaftlers nicht wirklich und da sie sich nie krank fühlte oder gar fremdartig, vergas sie es irgendwann und tat es als Spinnerei eines irren Untoten ab.
Ihre Sinne und Gedanken spielten verrückt, sie musste Xorak retten, sie musste sein Leben schützen, aber sie wusste nicht wie.
Ihre Augen flackerten von rechts nach links, von oben nach unten, ihr Hirn arbeitete auf Hochtouren und dann fällte sie eine folgenschwere Entscheidung.
Sie rief den Gestalten entgegen dass sie ihnen ein Angebot zu machen hätte, und dass es eilen würde.
Ocura wollte sicher gehen dass sie ihnen das Angebot unterbreitete bevor die Schatten entsandt würden.
Ein tiefes, hallendes Gemurmel drang an ihr Ohr, eine Art Flüstern und Zischen breitete sich in dem Gemäuer aus als die sieben Gestalten zu ihr herüberkamen. Ocura hätte schwören können keine Schritte zu hören, vielmehr kam es ihr vor als würden diese....sie konnte nicht ausmachen um was es sich bei den Gestalten handelte, als würden sie zu ihr herüber schweben.
Die Orkin bat darum dass man ihr die Fesseln an den Händen löste damit sie sich aufsetzen und bedecken konnte. Die Gestalten sahen sich an, das unterschwellige Grollen erfüllte für einen Moment erneut den Raum und ehe die Schurkin verstand was geschah waren die Fesseln an ihren Händen gelöst.
Sie rieb sich die schmerzenden Handgelenke, setzte sich auf und versuchte so gut es ging ihre Blöße zu bedecken.
Niemals fühlte sie sich kleiner, niemals ausgelieferter und niemals hatte sie eine solche Furcht empfunden wie in diesem Moment.
Sie schluckte erneut und räusperte sich kurz.
„Euer Gespräch über ES war nicht zu überhören.
Ich selbst trage ES in mir, schon seit vielen Monden, ich wurde damit infiziert als ein Magier mich überlistete und mir Trank anbot den ich arglos herunterkippte“
Ein Raunen erfüllte den Raum und sie wurde von einer zischelnden dunkeln Stimme aufgefordert weiter zu reden.
In der Stimme lag etwas so Bedrohliches, dass Ocura, selbst wenn sie gewollt hätte nun nicht mehr zurückgekonnt hätte. Sie musste nun den Weg zu Ende gehen.
Sie holte tief Luft und lies ihre Gedanken noch einmal Revue passieren.
Dann sprach sie mit fester Stimme weiter:
„Ich weiß dass ihr um ES zu vollenden, ein lebendes Herz braucht, eines das noch schlägt und eines was kräftig genug ist die Vollendung unbeschadet zu überstehen“ Tränen liefen ihr über das Gesicht, doch es scherte sie nicht mehr, sie wusste was passieren würde und hatte abgeschlossen.
„Ich bin durchtrainiert, ich kann meinen Atem Minuten lang anhalten, ich kann wenn ich muss, Tage und Nächte laufen ohne anzuhalten – in meiner Brust schlägt das stärkste Herz was ihr finden werdet! Selbst die wochenlange Folter unter der Gedankenkontrolle eines Priesters hat es nicht schwächer werden lassen.“
Ocura lauschte den Reaktionen um zu sehen ob ihr Angebot fruchten würde. Aus dem Gemurmel nahm sie eine positive Reaktion auf und atmete schon fast erleichtert auf.
„Ich kenne den Schamanen besser als jeder einzelne von Euch hier, und ich weiß, wenn ich ihn verlasse, ihm sage dass ich meine Liebe zu ihm verloren habe, er auch das Ritual nicht wieder benutzen würde. Er würde es als Fehlschlag betrachten, es als Unfug abtun und alle Schriften darüber verbrennen. Er ist ein stolzer Ork der keinen Fehler zweimal macht. Ich biete Euch im Austausch für sein Leben, das Herz an was in meiner Brust schlägt...welches ES beherbergt und schützt, und mit Sicherheit die Vollendung übersteht.“
Die Orkin hielt für einen Moment inne und fügte dann mit ruhiger aber fester Stimme hinzu: „Allerdings stelle ich die Bedingung eines Blutpakts. Solltet ihr Euch nicht an Euren Teil des Vertrages halten, wird beim ersten Anflug eines Angriffs auf Xoraks Leben, der Vertrag zu Nichte gemacht und das Herz hört auf zu schlagen. Ich kenne mich mit Blutpakten aus und weiß dass sie beglichen werden müssen – und zwar bis ins kleinste Detail, von beiden Seiten.“
Ocuras Stimme klang gefasst und ernst, sie verhandelte mit allem Geschick was sie jemals eingesetzt hatte, doch plötzlich schoss ihr noch ein Gedanke durch den Kopf – was ist wenn sie es einfach nehmen und nicht auf den Vertrag eingehen, ihre Gedanken rasten und der Angstschweiß machte sich auf ihrer Stirn breit. Sie dachte an Xorak der gerade arglos meditierte, ihr Körper zitterte und ihr Puls schoss in die Höhe.
Ocura ermahnte sich selbst zur Ruhe und schloss die Augen, konzentrierte sich auf ihr Innerstes und brachte ihr Herz dazu wieder einen ruhigeren Takt einzuschlagen. „Das ist es!“ schoss es ihr durch den Kopf, sie wusste dass es einige alte und erfahrene Schurken gab die sich im Vortäuschen des eigenen Todes verstanden um aus brenzligen Situationen zu entwischen oder ihren Hals im letzen Moment aus der Schlinge zu ziehen. Ocura hatte einen alten Lehrmeister der sie zwar schon im Ansatz in dieser Kunst ausgebildet hatte, doch sie beherrschte das Tot stellen noch nicht, auf der anderen Seite war sie dennoch sicher dass diese Gestalten davon keine Ahnung hatten. Sie entschloss sich dazu ihr gesamtes Glück auf eine Karte zu setzen.
„Und um Euch diesen Pakt noch etwas schmackhafter zu machen: solltet ihr meinen Vorschlag ablehnen, so werde ich mein Herz zum Stillstand bringen. Ich kenne die Kunst des Totstellens, und ich habe genügend Willenskraft diesen Zustand nicht aufzuheben – ich bin bereit für diesen Schamanen zu sterben, mein Leben für das seine zu geben, und Euch somit ES zu zerstören! Es ist nun an Euch zu entscheiden.“
Mit einem überheblichen, gespielten Grinsen auf den Lippen lehnte sie sich auf den kalten Stein zurück und erwartete die Antwort der Schattengestalten um sie herum.
Ihre Gedanken waren bei Xorak, sie nahm die Wärme der Erinnerungen in sich auf, innerlich abgeschlossen mit ihrem Schicksal, wurde sie seltsam ruhig und gelassen.
Sie wusste sie hatte das Richtige getan.
Die Gestalten schienen zu beraten, Ocura sah wie sie immer wieder zu ihr herübersahen und nickten. Nach einer Weile, die sich für die Orkin schier unendlich hinzuziehen schien, bauten sie sich geschlossen vor ihr auf. Aus ihrer Mitte heraus trat der Redensführer und beugte sich weit zu ihr herunter.
Sein eisiger Atem wehte ihre erneut die Angst ins Gesicht, zwang ihren Körper dazu unkontrolliert zu zittern.
Ja! Verdammt! Sie hatte Angst, aber sie wusste dass es keinen anderen Weg geben würde. Einer von beiden würde sterben, und es war sogar mehr als wahrscheinlich dass beide dieses Schicksal teilen würden, sollten die Gestalten nicht auf ihr Angebot eingehen.